Simson Schwalbe KR51/1 K, BJ 1976

Dieser Roller gehört eigentlich nicht mir, sondern meinem Sohn. Aber nachdem der seit einigen Jahren ausgezogen ist (und in seiner Münchener Wohnung keinen Platz dafür hat), ist sie zur Dauerleihgabe geworden. Als mein Sohn als 17jähriger beschloss, sich einen fahrbaren Untersatz zuzulegen, machte er es sich (wie bei all seinen Entscheidungen) nicht leicht. Wochenlang wurden die einschlägigen Foren und Verkaufsplattformen besucht um die RICHTIGE, die Schwalbe fürs Leben zu finden. Die erste, die wir zusammen besichtigten, war es wohl nicht. Eine Ungarn Schwalbe, im na ja-Zustand sagte ihm nicht zu. Aber im Osten, in Ellrich mit der schönen Adresse „Zur Morgenröte“, stand eine frisch restaurierte rote DDR Schwalbe für 900€, die sollte es sein. Wenn er damals gewusst hätte, was ihn da erwartete, hätte er sicher die Finger davon gelassen.

Die Schwalbe kam mit der Spedition, und natürlich musste sie gleich ausprobiert werden. Fehlanzeige, das Ding wollte nicht anspringen. Damals war mein Roller- und Mopedwissen noch sehr beschränkt, und ich konnte ihm nicht helfen. Aber unsere Autowerkstatt tauschte den Schwimmer, und so lief sie wenigstens so lala. Von da an begann für meinen Sohn ein Leidensweg, um den ich ihn nicht beneidete. Die Schwalbe war extrem unzuverlässig, ständig blieb er irgendwo hängen und musste sie nach Hause schieben. Da der Motor Fehlzündungen hatte, gab ihm ein Spezl den Tipp, den Auspuff auszubrennen. Wir Anfänger machten das prompt (konnte natürlich bei einer Laufleistung von 100km nix bringen), an den Qualm kann ich mich heute noch erinnern. Aber dann gab’s den echt guten Tipp, wieder aus der Autowerkstatt: Austausch der kompletten Zündung. Die kostet bei einer Schwalbe echt nicht die Welt, mit ca. 70€ ist man dabei. Mit Hilfe des Nachbarn ging die Reparatur gut über die Bühne, und danach lief die Motor wie eine Eins. Aber mein Sohn hatte inzwischen das Vertrauen in die Schwalbe verloren und so stand sie die meiste Zeit nur mehr herum. Nach seinem Auszug reihte ich sie in meine Sammlung ein, und so fahre ich sie ab und an, warte sie und führe kleine Reparaturen aus. Gerade die Reparaturfreundlichkeit ist einer großen Pluspunkte des DDR Wunderrollers. Die Ersatzteile sind im Vergleich zu anderen Marken billig und bei den vielen Händlern ist nahezu jedes Teil erhältlich. Reparaturanleitungen gibt’s im Netz zuhauf (auch Video), wer’s oldschool mag, kauft sich halt das Standardwerk „Das Schwalbe Buch“ und wird auch glücklich.

Und wie fährt sich nun die Schwalbe: Eigentlich recht gut, sie ist gut gefedert und die Sitzbank ist auch bequem. Nicht umsonst lies man immer wieder Reportagen mit „Mit der Schwalbe zum Nordkap“ o.ä.. Der Blinker ist ein Sicherheitsplus, man muss sich halt merken dass „nach unten“ links bedeutet, sonst wird’s gefährlich. Die Fußschaltung ist auch ok, nur der (schlecht konstruierte) Gasgriff ist auch nach gründlichem Einfetten schwergängig und macht längere Fahrten für das Handgelenk zur Tortour. Das Bremslicht ist auch so eine Fehlkonstruktion, es verstellt sich oft so, dass es entweder dauernd oder gar nicht leuchtet. Apropos Bremsen: Die Bremsen sind schwergängig und in der Wirkung bestenfalls ausreichend, allerdings brachte ich sie bei einer Notbremsung durchaus zum Blockieren. Aber die Schwalbe ist halt ein Oldtimer, und wen die Macken stören, der soll entweder einen Plastikroller aus dem Baumarkt fahren, oder sich über die vielen Umbaumöglichkeiten, die in den Foren dokumentiert sind, informieren.

Die heutige Popularität der Schwalbe resultiert nicht zuletzt aus ihren Fahrleistungen. Legale 60km/h fährt sonst kein anderes Mokick (bis auf die übrigen Vertreter der Simson Vogelserie). Unsere Schwalbe ist nicht ganz so schnell, da müsste man die Zündung vielleicht noch mal neu einstellen. Was man seltener hört, ist das die maximale Geschwindigkeit natürlich nur in der Ebene bei Windstille erreicht wird. Obwohl aus dem bergigen Thüringen ist die Schwalbe beileibe keine Bergziege. Bei der kleinsten Steigung (auch bei Gegenwind) geht sie in die Knie und man muss sofort herunterschalten.

Und wie geht’s mit unsere Schwalbe weiter: Na wie bisher, mein Sohn will sie nicht verkaufen, und wenn er eines Tages wieder aufs Land zieht, wird er sicher wieder ein „Schwalbe-Pilot“.



August 2021 

Schwalbe Update: Eigentümerwechsel
Nachdem sich die Schwalbe meines Sohns lange Jahre in meiner Obhut befunden hatte, gehegt und gepflegt, ging sie nun auch offiziell in meinen Besitz über. Im Tausch gegen eine ähnlich alte Armbanduhr der Marke R....x erwarb ich das ehemalige DDR Gefährt als Ergänzung meiner inzwischen 12 Roller und Mopeds umfassenden Sammlung.  Eine längere Tour wurde auch schon unternommen, Fazit: Der Gasgriff m u s s  verbessert werden, die Bremse nicht unbedingt. Die Sitzbank schmerzt dann doch nach längerem Fahren, ob es da was vernünftiges gibt, muss geschaut werden. Trotzdem macht die Schwalbe großen Spass, wenn sie läuft, dann aber richtig!


Die Schwalbe an der ehemaligen Tankstelle in Überacker