Moto Guzzi Cardellino Lusso, BJ 1957

Jeder Sammler hat ein oder mehrere Objekte, die einen schwer seufzen lassen, sobald man daran denkt. So ein Sorgenkind ist meine Moto Guzzi Cardellino. Dieses etwas skurril aussehende Nachkriegsmoped kam schon 2014 in meine Sammlung, zugelassen ist sie bis heute nicht. Jawoll, man muss die Cardellino zulassen, weil sie mit ihren gerade mal 73ccm Hubraum als Leichtkraftrad gilt. Da sie als typischer "Vespa Beifang" aus dem schönen Italien zu uns kam und keinerlei Papiere hat, braucht sie eine Vollabnahme beim TÜV. Und da liegt das Problem. An technischer Vollkommenheit mangelt es meinem "Stieglitz" (das bedeutet Cardellino auf Deutsch) bis heute. Ich hab schon vieles erledigt oder erledigen lassen: Neuer Tank, Benzinhahn, neue Radlager. Der teuerste Posten war allerdings das Umspeichen der Räder auf 19". Für die ursprünglichen 20" Räder gibt es nämlich selbst im Ursprungsland meines Mopeds keine neuen Reifen mehr.
Nun tut sich aber wieder was in Sachen "auf die Straße bringen". Letztes Jahr lernte ich den Chef einer kleinen Autowerkstatt kennen. Der versprach mir, sich um die Cardellino zu kümmern. Mal sehen, ob es heuer klappt!

Hier hab ich sie das erste Mal gesehen: Schluchtenflitzertreffen, September 2014

Gleich wird der Kaufvertrag unterschrieben, Oktober 2014

Transportfertig für die Werkstatt, Januar 2018

 

Nachtrag 7. Juli 2018

Die Cardellino wurde nach fast vier Jahren jetzt endlich fertig, d.h. die Vollabnahme durch den TÜV ist bereits erfolgt. Sogar der Fahrradtacho (ein 10€ Teil aus dem Baumarkt) wurde durchgewunken. Bei der jetzt fälligen Zulassung treten allerdings noch Schwierigkeiten auf, zunächst muss über das KBA in Italien geprüft werden, ob mein kleines Motorrad nicht gestohlen ist. Das wird noch ca. 3 Wochen in Anspruch nehmen. Bis dahin stehen noch tägliche Testfahrten in der Einfahrt unseres Hauses an. Man muss sich ja auch an die "verkehrte" Seitenverteilung Bremse/Schaltung (Bremse links, Schaltung rechts) gewöhnen. Bisher ging alles gut, bei der ersten richtigen Ausfahrt wird sich dann zeigen, ob ich mit der Cardellino zurechtkomme.

 

Nachtrag 3. August 2018

Was ich lange Zeit für unmöglich gehalten hatte, ist heute eingetreten: Die Cardellino ist zugelassen. Und wurde natürlich gleich ausprobiert. Sie fährt sich überraschend gut, der kleine Motor schnurrt vor sich hin, nur beim Schalten in den 2. Gang gibt es ein lauteres Geräusch, aber das stört nicht wirklich. A propos Schalten: Die vertauschte Anordnung von Bremse und Schaltung macht natürlich Probleme, auch die Anordnung 1. Gang oben, zweiter und dritter unten.  Gehen tut die Guzzi ihre 55 - 60 km/h, wenn man den Tacho mit der mopedüblichen Abweichung einstellt, dabei läuft der Motor dank des lang übersetzten 3. Gangs überraschen leise. Die Zündung zickt manchmal, da steht noch eine Überholung an, ebenso die Kupplung. Aber sonst Freude pur mit meinem neuen 61 Jahre alten (so alt wie ich selbst!!!) Motorrad!

 

Nachtrag 29. Juli 2019

Auch in diesem Jahr machte die Guzzi Freude, allerdings keine ungetrübte. Die Kupplung funktionierte nicht mehr richtig, dh. die Beläge waren fällig. Das hatte ich bei manch anderen Mopeds und Rollern schon selbst gemacht, aber bei der Guzzi traute ich mich nicht ran. Hilfe kam in Form eines Bekannten von Gernot, einem Rentner, der in seiner aktiven Zeit Werzeugmacher bei Zündapp war. Der versprach mir, sowohl die Beläge zu besorgen, als auch diese einzubauen, ein "rundherum-sorglos-Paket" sozusagen. Und nach einer Woche konnte ich den Motor wieder abholen und einbauen. UND DIE GUZZI LIEF WIEDER, vielen Dank an Günther. Dafür, dass inzwischen die Kickstarterfeder gebrochen ist und der Motor wieder raus muss, kann er nichts. Bei diesen alten Kisten muss man halt immer damit rechnen, dass irgend ein Teil seinen Geist aufgibt. Aber dafür konnte ich bei einem Oldtimertreffen große Bewunderung erfahren: "Eine Guzzi! Geile Kiste, i schmeiß mi weg!" So hätte ich das jetzt nicht ausgedrückt, aber inhaltlich bin ich der selben Meinung.