Gibson Nighthawk Custom Antique Natural, BJ 1994

Begonnen hat meine Liebe zu den Hawks, als ich eine Blueshawk ausprobierte. Ich wusste damals nur, dass sie zu den eher ungeliebten und wenig erfolgreichen Gibsons gehört. Deswegen war ich vom Sound und von der Optik total überrascht. Diese Blueshawk habe ich dann nicht gekauft, aber eine andere, eine schwarze mit Maestro Tremolo. Die Blueshawk habe ich dann wieder verkauft und dafür eine Nighthawk erstanden, in Antique Natural. Schaut sehr edel aus, die Gitarre, mit ihrer Ahorndecke und der goldenen Hardware. Der Korpus ist aus einem Stück Mahagoni, der Hals ebenso, mit einem Ebenholzgriffbrett und "Crown"- Einlagen (dem Hauptunterscheidungsmerkmal der Custom Ausführung). Die Nighthawk ist etwas kleiner als die Standard Solidbodies wie Les Paul oder Stratocaster, Telecaster usw. Vielleicht ein Grund, warum man sie Live eigentlich nie sieht. Das ist schon kurios: Da entwirft Gibson extra eine Gitarre, die alle möglichen Sounds für den Livemusiker abdecken soll, und dann wird sie nur von Wohnzimmermusikern gespielt. Und da sind wir schon bei den Sounds. Meine Nighthawk ist die mit den 2 Pickups, d.h. sie soll die Les Paul und Telecaster Sounds abdecken  (Es gibt ja noch die Variante mit 3 Pickups für die Stratocaster Sounds). Soll -  weil sie es natürlich nicht tut. Das Unterfangen kann nicht klappen. Zur Les Paul fehlt ihr einfach die Masse, außerdem sind die Pickups zu unterschiedlich (dazu später mehr). Und eine Telecaster klingt aufgrund ihrer Bauweise so speziell, dass man sie (trotz gleicher Mensur) mit einer Mahagonigitarre und einem halben Humbucker nicht imitieren kann. Sie klingt also eigen - aber das richtig gut. Der Minihumbucker (der gleiche wie in den modernen Firebirds, also Keramikmagnet) am Hals macht einen Super Cleansound und ist auch verzerrt gut. Der Steghumbucker (ebenfalls Keramik) ist zwar clean nicht gut, hat aber verzerrt richtig Dampf. Er ist aufgrund seiner Einbauposition für Riffs weniger geeignet. Gut kann er z.B. Melodisches. Von Seymour Duncan gibt es ja inzwischen Tauschpickups, einen  "geschrägten" SH1 und einen SH4. Ich habe beide ausprobiert, und der SH1 gefällt mir richtig gut. Wobei man auch hier wieder feststellt, dass der Grundsound einer Gitarre halt durch die Konstruktion vorgegeben ist und ein Pickuptausch den Sound nur etwas verbiegt. Die Splitsounds haben mich noch nie begeistert. Jede Billigstrat oder -Tele klingt da überzeugender. Noch etwas zur Schaltung: Die Nighthawk hat einen Fünfwegschalter wie die Stratocaster und nur Gott weiß, warum Gibson auf die Position 1 (Stegpickup) den gesplitteten Pickup gelegt hat. Der volle Humbucker, den man fast immer braucht, liegt dagegen auf 2 :(  Ich habe mir vom Gitarrenbauer (neben dem schon erwähnten Pickuptausch) auch die Schaltung umbauen lassen: Zwei Ebenen, einmal voll und einmal gesplittet, angewählt von einem Push/Pull Schalter im Tonpoti. Und noch was allgemeines zur Bespielbarkeit: Die Nighthawk ist recht leicht aber nicht kopflastig, der Hals hat ein mitteldickes Profil, und der Korpus hat auf der Rückseite die von der Strat bekannte Ausfräsung. Die Bünde sind Jumbo, waren bei meiner allerdings so heruntergespielt, dass sie ersetzt werden mussten. Da die Halslänge die einer Strat ist, habe ich (wie bei meinenStrats auch) 9er Saiten aufgezogen. Noch eine Besonderheit: Anders als bei Les Paul und SG hat die Nighthawk nur zwei Regler, Volume und Tone. Und der Lautstärkeregler ist sehr günstig positioniert, so dass man mit dem kleinen Finger sehr schöne Violinsounds hinbekommt.

Würde ich mir die Nighthawk wieder kaufen? Ja, weil man für recht wenig Geld (meine hat vor 5 Jahren 800€ gekostet) eine toll aussehende und gut klingende "schon fast vintage" Gibson erhält. Dass sie das große "Ausmisten" im Frühjahr 2013 überstanden hat und noch immer in meinem Besitz ist, spricht für ihre Qualität. Der Zustand der angebotenen Exemplare ist meist sehr gut, da sie in der Regel noch nie eine Bühne gesehen haben (s.o.). Und vor allem ist es eine Gitarre, die, weil nur zwischen 1992 und 1996 produziert, nicht jeder hat. Es gibt die Custom noch in Fireburst, daneben gibt es noch die einfacheren Standards und Specials. Und dann gibt es natürlich die Reissues von Gibson und Epiphone.

Nachtrag Februar 2018: Verkauft!